Logbucheintrag 2019,0513

Mission: Prometheus Teil II
Etappe: hoch hinaus
Ziel: Stepansminda

Deswegen bin ich hergekommen…

Inzwischen bin ich in Stepansminda angekommen. Der Ort liegt auf 1700 m am Fluss Terek sowie östlichen Fuß des 5047 m hohen Berges Kasbek im Großen Kaukasus. Durch den Ort führt die historische Georgische Heerstraße, heute internationale Fernstraße S3 und Europastraße 117, die Georgien mit Russland verbindet.

Und jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, die Geschichte von Prometheus zu beenden.

Kleine Erinnerung… Prometheus hat aus Lehm den Menschen erschaffen… usw. usw.

Prometheus lehrte den Menschen von ihren Gaben Gebrauch zu machen: den Lauf der Gestirne, die Kunst des Erzählens und der Buchstaben und sich die Tiere Untertan zu machen, damit sie ihm dienten. Sie lernten Steine und Ziegel herzustellen, Holz zu fällen und feste Häuser zu errichten. Er lenkte ihren Blick auf die Dinge im Erdinneren und sie fanden dort Erze, Silber und Gold.

Die Götter boten sich an, den Menschen Schutz zu gewähren, solange sie in Verehrung zu den Göttern aufblickten. Gegen den Willen der Götter stahl Prometheus das göttliche Feuer vom vorüberrollenden Wagen des Sonnengottes Helios, und brachte es den Menschen.

In seinem Zorn schickte Zeus den Menschen die wunderschöne Pandora ausgestattet mit einer Büchse randvoll mit allen Übeln und Krankheiten der Welt. Der gutgläubige Bruder Epimetheus – der Nachher-Denkende – öffnete die Büchse und alle unheilvollen Übel entflohen und verbreiteten sich unter den Menschen.

Und was hat das jetzt mit Kasbek zu tun?

Prometheus wurde daraufhin, in die schlimmste Einöde des Kaukasus gebracht und mit unlösbaren Ketten an einen mächtigen Felsen geschmiedet – den Kasbek. Ohne Speisen und Trank und ohne Schlaf musste er dort leiden, und jeden Tag kam ein Adler, um von seiner Leber zu fressen, die sich immer wieder erneuerte, da er ein Unsterblicher war.
Erst viele Jahrhunderte später sollte Herakles ihn erlösen und seiner Pein ein Ende machen, indem er den Adler des Zeus tötete. Prometheus aber trug ab da an immer einen eisernen Ring, an welchem ein Steinchen von jenem Kaukasusfelsen hing, so konnte Zeus sich rühmen, dass Prometheus weiterhin an den Kaukasus geschmiedet war.

So, das war die Geschichte vom Griechen im Kaukasus…

Ich stand sehr lange vorm Kasbek, in der Hoffnung, Prometheus Kettenrasseln zu kören – aber nichts dergleichen… also hab ich dann doch die phänomenale Aussicht bewundert – als würde die Sonne nur für mich scheinen.

Die Gergetier Dreifaltigkeitskirche sonnt sich mit dem 5000er um die Wette – ich kann mich kaum entscheiden wo ich meinen Blick verweilen lasse…

Mein Herz hüpft vor Freude… ich hätte nie zu Hoffen gewagt, auch nur ein bisschen Sonne zu erhaschen. Zugegeben der Wind pfeift und es ist kalt..

Am späten Nachmittag suche ich mein Nachtlager… doch die Dame hat kein Zimmer mehr für mich – trotz Reservierung über Booking.com – I‘m not amused… misstrauisch wie ich bin, lasse ich mir das Ersatzzimmer im Nachbar – Hotel erstmal zeigen … und Jackpot! Ausnahmsweise noch besser als die ursprüngliche Buchung… also willige ich ein… mit Aussicht auf den Berg natürlich…

Zum selben Preis, versteht sich…

Jede Reise ist wie ein eigenständiges Wesen; keine gleicht der anderen.
John Steinbeck